Die Weltkarte 1:2.500.000 (Karta Mira) als Vehikel sozialistischer Globalisierung

Potentiale und Grenzen wissenschaftlicher Standardisierung und internationaler Kooperationen, 1958–1989

Projektleitung: PD Dr. Christian Lotz
Projektbearbeitung: N.N.

Projektförderung: DFG (Nr. 550 144 086)
Laufzeit: 2024-2027

Bitte beachten Sie die Ausschreibung der Doktorandenstelle: https://www.herder-institut.de/event/wissenschaftliche-mitarbeit-in-der-kartensammlung/

Bewerbungsfrist: 30. September 2024

 

Prozesse der Standardisierung und Globalisierung in der Kartografie schlagen sich seit dem 20. Jahrhundert auch in der Publikation von Kartenwerken nieder, die die gesamte Erde umfassen. In den bisherigen Forschungen zu Weltkartenwerken sind insbesondere drei Herausforderungen erkennbar:

(a) Während die Internationale Weltkarte und verwandte Kartenwerke gut erforscht sind, blieb die Weltkarte 1:2.500.000 (Karta Mira), die die sozialistischen Länder Europas seit 1958 herstellten, bisher wenig beachtet.

(b) Forschungen zur Kartografie im östlichen Europa sind bislang vom Streit überformt, in welcher Weise die sozialistischen Länder Karten verzerrt oder gar verfälscht hätten. Hier ist ein Aufbruch notwendig, der die (Welt-)Kartenproduktion im östlichen Europa einerseits als Ergebnis der Bedrohungsszenarien des Kalten Krieges, andererseits als Beitrag zu einer Globalisierung unter ‚sozialistischen‘ Vorzeichen einordnet.

(c) Obwohl Standardisierungsprozesse erforscht wurden (bspw. in der Statistik), fehlt bislang eine Untersuchung, wie politische Konfrontationen (hier: der Ost-West-Konflikt) auf die Auseinandersetzungen um kartografische Verfahren einwirkten, mit denen die weltweite Vielfalt geografischer Phänomene in eine einheitliche Karten-Darstellung überführt werden sollten.

Vor diesem Hintergrund verfolgt das Karta-Mira-Projekt in zwei Teilstudien zwei Fragenkomplexe:

(1) Welche Repräsentation der Welt erschufen die Bearbeiter:innen der Karta Mira, und inwieweit unterscheidet sich diese ‚sozialistische‘ Darstellung von westlichen Kartenwerken? Wie entwickelten die Bearbeiter:innen Kategorien, um die Vielfalt physisch- und human-geografischer Phänomene in eine weltweit einheitliche Kartendarstellung zu bringen? Welche Auswirkungen hatte der technologische Wandel (z.B. Nutzung von Satellitendaten) auf die Erarbeitung der Karta Mira?

(2) Welche Handlungsspielräume konnten Akteure aus dem östlichen Europa entwickeln, um eigene Vorstellungen von Globalisierung in die internationale geografische Fachcommunity einzubringen? Am Fallbeispiel Ungarn werden dazu zwei Tätigkeitsfelder untersucht, und zwar die Auseinandersetzungen um die Standardisierung geografischer Namen, und die Werbung für die Verwendung der Karta Mira in thematisch-kartografischen Projekten der physischen und der Human-Geografie.