Ein Brief Heinrich Reinhold v. Vietinghoffs und der Nachlass Ludwig August Mellins
In der Briefsammlung des livländischen Historiographen Friedrich Konrad Gadebusch (1719-1788) sind zwei Briefe des Juristen Heinrich Reinhold v. Vietinghoff (1740-1806) enthalten. Die Briefe stammen aus den Jahren 1763 und 1774 und sind beide auf dem Gut Addafer (estn. Adavere) geschrieben, das 8 km nordwestlich von Oberpahlen (estn. Põltsamaa) liegt und seinen Eltern Erich Johann (I.) v. Vietinghoff und Beata Regina, geb. v. Fick, der Erbin von Addafer, gehörte.
In seinem Brief vom 3. Dez. 1763 an Gadebusch berichtet der damals gerade 23jährige Heinrich Reinhold v. Vietinghoff über sein durchaus schon bewegtes Leben, unter anderem kurz über sein Studium an der Universität Königsberg:
„[…] Nachdem wir nun deßen [des Vaters] Information [Hausunterricht] zwey Jahre genoßen hatten, wurde ich, nebst meinem aelteren Bruder, nach Königsberg auf die Academie verschickt. Ao. 1759 hielt ich daselbst auf dem Hohen Geburtstags-Fest der Durchlauchtigsten Kayserin Elisabeth eine öffentliche Rede, welche gedruckt durch einen Courier an die Kayserin geschickt wurde“ (DSHI 570 GGA 1171, Bd. 1, S. 250).
Ein Exemplar des Druckes dieser Rede fand sich jetzt im Nachlaß Ludwig August Mellins (1754-1835), des bekannten Landespolitikers, Schriftstellers und Kartographen. Dieser Nachlass ist Teil des Mellinschen Familienarchivs, das sich im Livländischen Ritterschaftsarchiv befindet, das wiederum zum Archivdepositum des Verbandes der Baltischen Ritterschaften in der DSHI gehört. Vermutlich wird es in Estland oder in Petersburg weitere Exemplare dieses Gelegenheitsdruckes geben.
Der vollständige Titel lautet:
„An / dem hohen Geburts-Feste / der Allerdurchlauchtigsten, / Großmächtigsten Monarchin / und / Großen Frauen, / Elisabeth der Ersten, / Kayserin / und souverainen Beherrscherin aller Reußen etc. etc. etc. / ward / der Satz, / daß eine weise und gnädige Regierung mehr Macht habe, / den allgemeinen Geist der Nation zu veredlen, als der Einfluß des Clima, / bey / einer öffentlichen von der Königsbergischen / Akademie / den 19./30. Des Christmonats, 1759, / angestelleten Feyer / in aller Unterthänigkeit erwogen / von / Henrich Reinhold von Vietinghoff, / aus Liefland. / Königsberg, gedruckt bey Johann Friedrich Driest, privil. Buchdrucker“ (DSHI 190 Livland FA Mellin 70-70).
Folgenden Aspekten ist bei anderer Gelegenheit gesondert nachzugehen:
Bis auf weiteres muss offen bleiben, auf welche Weise Mellin ein Ex. des Druckes der Rede erhalten hat. Anzunehmen ist, dass der Verfasser und er sich in späteren Jahren persönlich kennengelernt haben, vielleicht in der Zeit, da Mellin von 1797 bis 1818 livländischer Landrat war und mit dem 1806 gestorbenen Vietinghoff noch Umgang und geistigen Austausch gehabt haben konnte.
Dorothee M. Goeze und Peter Wörster