Forschungsdatenmanagement in den Geschichtswissenschaften

Eindrücke nach einem Jahr in der Praxis

Von Katrin Reder-Zirkelbach, Anna-Lena Körfer und Ole Meiners

Zum Jahresbeginn 2021 gab es im Herder-Institut einige personelle Veränderungen im Arbeitsbereich „Forschungsdatenmanagement“. Mit dem Start des Projekts OstData zum Aufbau eines Forschungsdatendienstes für die Ostmitteleuropaforschung sowie dem Arbeitsbeginn von zwei Forschungsdaten-Manager:innen erfuhr der Arbeitsbereich eine deutliche personelle Verstärkung. Aufgebaut werden konnte dabei auf den Arbeiten des Projekts FDMHerder, das die Grundlagen für ein institutionelles Forschungsdatenmanagement am Institut legte.

Forschende im Umgang mit Daten unterstützen

Die grundsätzliche Zielsetzung des Arbeitsbereichs ist es, Forschende im Umgang mit Daten zu unterstützen, die für ihre Forschung relevant sind. Schwerpunkte sind sowohl die verstärkte Nachnutzung bereits bestehender Datensätze, als auch die Nachvollziehbar- und Nachnutzbarmachung der eigenen Forschungsergebnisse. Im Vergleich zu naturwissenschaftlichen Disziplinen ist das Forschungsdatenmanagement in den Geschichtswissenschaften ein relativ neues Thema. Welche Erfahrungen haben wir als Mitarbeitende im Bereich Forschungsdatenmanagement nach einem Jahr im Feld gemacht? 

Reproduzierbarkeit von Daten

Zunächst lässt sich festhalten, dass viele aus anderen Disziplinen stammende Forderungen und Paradigmen in den Geschichtswissenschaften nicht eins zu eins umsetzbar sind. Die Forderung der Reproduzierbarkeit von Ergebnissen auf Grundlage einer Datenbasis ist mit dem qualitativ-hermeneutischen Ansatz nur schwer vereinbar. Aufgrund derselben Quellenlage können verschiedene, mehr oder weniger schlüssige Narrative konstruiert werden, die sich von Person zu Person unterscheiden.

Beratung und Template-Entwicklung

In der Beratung von Forschenden hat sich gezeigt, dass es für die Geschichtswissenschaften aktuell kaum generische Lösungen für das Forschungsdatenmanagement gibt. Zwar fußen viele Forschungsvorhaben am Herder-Institut auf der Archivrecherche, jedoch führen die heterogenen Fragestellungen zu dem Wunsch, für das auszuwertende Material möglichst passgenaue und gleichzeitig anpassbare Strukturen für das Datenmanagement zu entwickeln. Ein Template zur Erfassung von Archivmaterialien in Excel, Zotero oder Citavi, welches der Arbeitsbereich FDM aktuell erarbeitet, muss flexibel sein. Es muss sowohl an die eigene Fragestellung, als auch an die Struktur des bearbeiteten Archivs angepasst werden können. Einige zentrale Aspekte wie die Trennung von Transkriptionen und persönlichen Notizen oder die einheitliche Vergabe von Sachschlagwörtern können anhand des Templates strukturiert erfasst und für die eigene Datenhaltung übernommen werden.

Screenshot Forschungsdatenmanagement in den Geschichtswissenschaften
Quellendigitalisate – Besser mit Metadaten!

Bereits verwendete Softwareprodukte vs. Open-Source-Software

Des Weiteren hat es sich als wichtig herausgestellt, bereits bestehende Arbeitsabläufe und verwendete Softwareprodukte von Forschenden zu berücksichtigen. Auch wenn Open-Source-Software u.a. aufgrund der besseren Nachnutzbarkeit der entstehenden Dateien Vorteile bietet, kann es oft einen erheblichen Mehraufwand bedeuten, von bekannten Produkten wie Citavi oder Photoshop abzuweichen. Der Wechsel von Softwareprodukten gestaltet sich umso einschneidender, je länger ein Forschungsprojekt bereits läuft und je mehr Personen an ihm beteiligt sind.  Ziel einer gelungenen FDM-Beratung sollte es sein, bestehende Arbeitsabläufe, Zielsetzungen und vorhandene Ressourcen von Forschenden zu verstehen, um auf dieser Basis sinnvolle Empfehlungen und praktische Umsetzungsmöglichkeiten anbieten zu können. Um die Vorteile von noch unbekannter Software zu verdeutlichen, ist es hilfreich, diese anhand von ein oder zwei Use Cases zu demonstrieren und die Forschenden auch selbst ausprobieren zu lassen.

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