Von einer Quelle und ihrer Publikation: Die Matrikel der Universität Dorpat 1802-1889
Die Beschäftigung mit der Geschichte bedarf immer auch der Einsichtnahme in Quellen, ob sie nun in Archiven bewahrt werden oder ob sie bequem ediert und als Buch gedruckt vorliegen. Eine Quellenpublikation, die weit über das Maß einer Edition herausgeht, gilt es hier vorzustellen. Sie ist nicht auf ein einfaches Abschreiben der Quelle beschränkt, sondern reichert das vorgefundene Material um ein Vielfaches an Informationen an, gleichzeitig verzichtet sie aber auf die Wiedergabe wesentlicher in der Originalquelle angegebener Informationen. Es handelt sich um die Matrikel der Universität Dorpat (Tartu) von 1802 bis 1889, eine bedeutende Quelle zur baltischen Bildungsgeschichte sowie für genalogische Forschungen zur Bevölkerung des Baltikums im 19. Jahrhundert.
Die Universität in Dorpat war lange Zeit die einzige Hochschule des Baltikums. Sie wurde am 30. Juli 1632 von Gustav II. Adolf im Feldlager bei Nürnberg gegründet und die Academia Gustaviana Dorpatensis ist damit nach Uppsala gleichzeitig zweitälteste Universität Schwedens. Sie hatte eine bewegte Geschichte und wurde wegen Kriegsereignissen in Livland zeitweise verlegt, zweitweise stillgelegt und 1710 im Zuge der Eroberung des Baltikums durch die russischen Truppen Zar Peters des Großen endgültig geschlossen. 1802 schließlich fand die Wiedereröffnung als Imperatorskij Derptskij Universitet statt. In diesem Jahr setzen auch die hier zu besprechenden Matrikel der Universität ein, die in den Kopienbeständen der Dokumentesammlung im Marburger Herder-Institut überliefert sind (DSHI 570 Universität Dorpat).
Der erste Eintrag in den Matrikeln, dem „Album Studiosorum Academiae Dorpatensis“, stammt vom 5. April 1802 und betrifft Gustav Petersen. Er studierte an der juristischen Fakultät und ist im Juli 1804 von der Universität abgegangen. Im Matrikelbuch sind neben Namen des Studenten, gewählter Fakultät und Daten der Immatrikulation sowie Exmatrikulation noch Spalten enthalten für den Geburtsort, „Namen, Stand und Charakter der Eltern oder Vormünder“, Wohnort derselben, Ausstreichung und Datum einer eventuellen Wiederaufnahme in die Universität vorhanden.
Die Quellenpublikation (Arnold Hasselblatt u. G. Otto: Album Academicum der Kaiserlichen Universität Dorpat, Dorpat 1889) geht über diese Angaben deutlich hinaus und gibt, so entsprechende Informationen ermittelt werden konnten, noch den weiteren beruflichen Werdegang der Studenten nach ihrem Ausscheiden aus der Universität an. Hierfür hatten die beiden Herausgeber Aufrufe zur Einsendung biographischer Daten der Absolventen in vielen deutschen, polnischen und russischen Blättern geschaltet, auf die mehr als 1200 Einsendungen erfolgten, teilweise auch aus Übersee. Zudem recherchierten sie selbst in unterschiedlichsten weiteren Quellen. Auf diese Weise reicherten sie die spärlichen Angaben aus dem Matrikelbuch an. Das Vorgehen bietet aber auch Möglichkeiten für Fehleinschätzungen: nicht jede Einsendung von Informationen mag ganz korrekt gewesen sein, insbesondere wenn Enkel beziehungsweise andere Verwandte oder Freunde Informationen zu bereits verstorbenen Personen lieferten, unliebsame Lebensstationen ausgespart wurden und so weiter. Auch bei den eigenen Quellenrecherchen der Herausgeber mögen sich Ungenauigkeiten eingeschlichen haben. Das soll keineswegs den Verdienst Hasselblatts und Ottos schmählern: Ganz im Gegenteil ist ihnen hoher Respekt für ihre Forschungsleistung zu zollen. Ihr Album Academicum ist aber mit dem kritischen Blick zu lesen, wie er jeder Forschungsarbeit entgegengebracht werden muss.
Dennoch lohnt sich trotz des Vorliegens dieses im Vergleich zum Matrikelbuch reichhaltigeren Albums Academicums je nach eigener Fragestellung auch ein Blick in die archivische Überlieferung, denn die Herausgeber verzichteten beispielsweise auf die genaue Angabe der Herkunft. Aus dem Geburtsort Dorpat des bereits genannten Gustav Petersen im Matrikelbuch wurde so die weitläufigere Angabe „aus Livland“ im Werk Hasselblatts und Ottos. Auch verzichteten die beiden auf die Angabe der Eltern und deren Wohnort, und so ermöglicht erst ein Blick ins Archiv die Erkenntnis, dass Herr Petersen der Sohn des in Dorpat wohnenden Kreiskommissars Petersen war. Die Angabe der Studiendauer wird nur in Jahreszahlen angegeben, während in dem Matrikelbuch genauere Daten niedergeschrieben stehen.
Trotz des Vorliegens einer sehr guten Übersicht und einer fleißigen Forschungsarbeit über die immatrikulierten Studenten der Universität Dorpat im 19. Jahrhundert lohnt sich ein tieferer Blick auf die Arbeitsweise der Herausgeber bei der Zusammenstellung der Informationen, zumal das Album Academicum auf den ersten Blick wie eine normale Quellenedition erscheinen mag. Je nach Fragestellung an das Material ist dann doch noch ein Gang ins Archiv notwendig, um notwendige zusätzliche Informationen erhalten zu können. Insbesondere der soziokulturelle Hintergrund der Studierenden, lokalgeschichtliche Fragen und solche des sozialen Aufstiegs über ein Studium können nur auf diese Weise beleuchtet werden.
Dr. Dennis Hormuth
Erstpublikation des Textes: Mitteilungen aus baltischem Leben 3/2017, S. 6f.
Sehr geehrte Damen und Herren,
für eine Wikipediaveröffentlichung suche ich die Matrikulierung und Promotion meines Uhrgroßvaters Werner Robert Waldhauer geb. 1855 in Kirchholm gest. 1940 in Heringsdorf.
Könnten Sie mir weiterhelfen? Gibt es ein Register wo ich ihn finden kann?
Besten Dank und beste Grüße
Christoph Waldhauer
Ich würde gerne wissen die Namen der Eltern von Leon Karl Bucholtz, geb. 1867 in Gross-Essern, Kreis Goldingen, Gouvernement Kurland.