Sammeln/Bewahren

Das Archiv der Familie von Uexküll

Sua fata habent archivalia: nach fast 80 Jahren wiedergefunden

Auf dem Dachboden eines Hauses in Potsdam wurden 2013 drei Kartons mit Urkunden, Briefen, Tagebüchern und Ende des 19. Jahrhunderts angefertigten Regesten-Bänden gefunden. Sie stammen aus dem Besitz der Familie von Uexküll auf Fickel (estn. Vigala, Gouvernement Estland). Sie wurden dort während des Zweiten Weltkrieges zusammen mit weiterer schriftlicher Überlieferung der Familie untergebracht. Dieser erhaltene kleine Rest von ursprünglich vorhandenen Archivalien konnte vor Kurzem erfreulicherweise dem rechtmäßigen Erben und Eigentümer übergeben werden, der diese jetzt als Depositum dem Herder-Institut zur Aufbewahrung und wissenschaftlichen Nutzung anvertraute. Die Ordnung und Verzeichnung des Bestands ist noch nicht ganz abgeschlossen, doch sollen die beiden Regesten-Bände hier als pars pro toto vorgestellt werden, erlauben sie doch einen Einblick in den ursprünglichen Gesamtbestand des Familienarchivs, auch wenn dieser heute so nicht mehr existiert.

Regesta Vigalensia. I. 1224-1721 und Regeste Vigalensia. II. 1721-1900

Die beiden handschriftlichen Bände haben den Titel „Archiv d. Freiherrn [sic] Uexküll zu Schloss-Fickel. Regesta Vigalensia. I. 1224-1721“ und „… Regeste Vigalensia. II. 1721-1900“. Im ersten Band sind die Regesten-Nummern 1-2.815 und mit neuer Zählung noch einmal 1-73 Regesten von Urkunden und urkundenähnlichen Schriftstücken enthalten, im zweiten Band, anschließend an die erste Zählung des ersten Bandes, die Nummern 2.816-3.312 und dann mit einer Lücke bis 3.400 neubeginnend 3.401-3.516. In diesem Band folgen dann noch 36 ungezählte Regesten, die im Vergleich mit den anderen Regesten allerdings nur sehr reduzierte Angaben enthalten. Insgesamt enthalten die Bände also Angaben zu 3.421 Urkunden und Schriftstücken zur Zeit zwischen dem Anfang des 13. (als Fickel in den Besitz der Familie von Uexküll kam) und der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der ursprüngliche Plan, alle Dokumente bis 1900 zu verzeichnen, konnte nicht vollendet werden.

Regesten von J. Lowies 1876 eingeleitet

Die Regesten wurden von J. Lowies, über den bisher noch keine weiteren Angaben vorliegen, im Auftrage der Familie von Uexküll bearbeitet. Seine neun Seiten umfassenden „Einleitenden Bemerkungen“ zu den Regesten sind datiert mit „Dorpat, 18. Juni 1876“. Der Bearbeiter möchte durch seine Regestenarbeit „der lebenden Generation die Zeugnisse der Vergangenheit zugänglich […] machen und ihr damit den einzig sicheren Boden […] bereiten“. Aufschlußreich das Weitere:

„Eine solche That patriotischer Freisinnigkeit liegt auch hier vor in dem unter persönlicher Initiative Sr. Excellenz des Landraths Bernhard Baron Uexküll begonnener, dann von ihm lebhaft geförderter und jetzt zu gewissem Abschluße gebrachten Regesten-Werke für das Familien-Archiv der Freiherrn Uexküll, das reichste Archiv der Art im Lande. Die Tatsache aber, daß dieses Archiv zu Schloß Fickel das reichste im Lande findet seine natürliche Erklärung darin, daß unter den alten und mächtigen livländischen Geschlechtern die Freiherrn Uexküll allein wenigstens das größte ihrer […]güter durch alle Stürme hindurch als solches unter entsprechender Modifizierung retteten.“
Regesten-Bände zum Familienarchiv Uexküll
Regesten-Bände zum Familienarchiv Uexküll, Dokumentesammlung Herder-Institut, Signatur: DSHI 110 Uexküll 2, 3

Ausführlich berichtet der Bearbeiter dann über Inhalt und Bedeutung des Archivs der Familie Uexküll. Als besonders wichtig darf eine Notiz gelten, die zeigt, daß sein Vorhaben in engem Zusammenhang mit der Arbeit von Hermann Hildebrand (1843-1890), dem Herausgeber des Liv-, Est- und Kurländischen Urkundenbuchs, steht, der damals noch an der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg arbeitete und später Direktor des Stadtarchivs in Riga war.

In der Dokumentesammlung stehen diese neuerworbenen Archivalien in engem Nutzungszusammenhang mit anderen Beständen, die auch die Familie Uexküll und ihr Schloß Fickel betreffen. Selbstverständlich finden sich zahlreiche Bestände zur Geschichte der Familie Uexküll und zu Fickel (Vigala) in Archiven in Estland.

Dorothee M. Goeze und Peter Wörster

Ein Gedanke zu „Das Archiv der Familie von Uexküll

  • Gesine Schwarz

    Guten Tag, ich habe eine Frage:
    Im Jahr 1828 ist ein ehemaliger Schüler aus Birkenruh, Georg von Sievers (Nr .3 des Birkenruher Albums), in Schloss Fickel gestorben. Nicht verwunderlich, hatte doch der Majoratsherr Bernhard Baron von Uexküll auf Schloss Fickel bereits 1793 Elisabeth von Sievers, die jüngste Schwester der Katharina von Sievers (verehelichte Günzel), geehelicht. Und im Jahr 1818 hatte Bernhards und Elisabeths gemeinsame Tochter, Caroline von Uexküll, den Karl Eduard von Sievers, wohl einen Sohn des Peter Christian v. Sievers (1754-1827), des jüngeren Bruders von Karl Eberhard von Sievers, Eigentümer von Wenden, geheiratet (s. Genealogisches Handbuch der Baltischen Ritterschaften II: Estland S. 394f. ).
    Georgs Lebensdaten sind bis auf sein Sterben in Fickel unbekannt; geboren wurde er in Shisdra (wohl Gouv. Kaluga).
    Meine Frage: lässt sich über die Angabe „gestorben in Fickel“ etwas mehr über diesen Jungen herausbekommen?
    Für eine kurze Antwort wäre ich dankbar!
    Dr. Gesine Schwarz, Wolfenbüttel

    Antwort

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